Prof. Dr. Reinhard Paschke
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Medizinisch-Pharmazeutische Chemie
Leiter Biozentrum Halle
Geschäftsführer BioSolutions Halle GmbH
Herr Prof. Paschke, können Sie sich bitte kurz vorstellen und etwas zu Ihrem Forschungsschwerpunkt sagen!
Ich habe in Halle (Saale) Chemie studiert, auf dem Gebiet der Synthese neuer Flüssigkristalle promoviert und bin seit 1993 Geschäftsstellenleiter des Biozentrums der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Ich habe an der konzeptionellen Gestaltung des Forschungsverfügungsgebäudes der Bio-Zentrum Halle GmbH mitgearbeitet, gleichzeitig habe ich meine Forschungsrichtung geändert und arbeite seitdem auf dem Gebiet der Antitumorforschung.
Seit 1998 bin ich außerdem Geschäftsführer unseres An-Institutes, der BioSolutions Halle GmbH. Wir haben damals das Unternehmen gegründet, um unseren Studierenden das Gründungswissen und unsere Erfahrungen aus erster Hand weitergeben zu können. Das Ziel war und ist bis heute, Ideen aus der Universität zu Produkten und Verfahren weiterzuentwickeln.
Und so bieten wir auch heute noch unseren Service mit modernen biologischen Methoden am Markt an. Beispielsweise führen wir im Auftrag von Zahnärzten Keimbestimmungen bei Paradontitis (Zahnfleischentzündung) durch. Oder wir überprüfen, ob die Produktionsräume pharmazeutischer Unternehmen bakterienfrei sind. Auch Bierzapfanlagen hallescher Gastronomen kontrollieren wir auf Bakterien. Der Zweck dahinter ist aber nicht, Gewinn zu erzielen, sondern unsere Forschung zu kofinanzieren, denn viele Förderprogramme fordern eine gewisse Eigenmittelquote.
Neuere interdisziplinäre Forschungsprojekte, an denen wir arbeiten, beschäftigen sich zum Beispiel mit der Behandlung von Hautkrebs bei Pferden oder der Verhinderung des Bienensterbens mit Hilfe eines von uns entwickelten Naturstoffes.
Welchen Stellenwert hat Ihre Forschungs- und Entwicklungsarbeit am Standort Weinberg Campus allgemein im nationalen und internationalen Kontext?
Forschung auf dem Gebiet der medizinisch-pharmazeutischen Chemie ist nur noch interdisziplinär und international erfolgreich zu gestalten. Seit 1998 arbeiten wir daran, Pflanzeninhaltsstoffe mit anti-tumoralen Eigenschaften zu finden. Inzwischen haben wir eine Menge Erfahrungen damit gesammelt und Kooperationen aufgebaut.
Wie wichtig diese Zusammenarbeit ist, zeigt die Tatsache, dass die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) kürzlich ein Forschungsprojekt zur Überwindung von Strahlenresistenzen bei Brustkrebstumoren mit Hilfe von Naturstoffen bewilligt hat, an welchem neben meiner Arbeitsgruppe im Biozentrum, zwei Arbeitsgruppen aus der Medizin (Prof. Dr. Vordermark/Dr. Bache), eine Arbeitsgruppe aus der Bioinformatik (Prof. Dr. Große), eine Arbeitsgruppe aus der Biochemie (Dr. Thondorf) sowie aus dem Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie (IPB) (Prof. Dr. Tissier) beteiligt sind.
Dass wir es geschafft haben, am Technologiepark Weinberg Campus das Know-how aus diesen unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen auf ein gemeinsames Ziel zu fokussieren, war ausschlaggebend für die Bewilligung des Antrages, zeigt aber auch das Potenzial des Standortes.
Wie schätzen Sie die Entwicklung des Weinberg Campus in den letzten 20 Jahren ein?
Ich war maßgeblich an der Bewerbung Sachsen-Anhalts zum BioRegio-Wettbewerb des BMBF im Jahr 1998 beteiligt. Dieser Wettbewerb war ins Leben gerufen worden, um in Deutschland die Grundlagenforschung auf dem Gebiet der Biotechnologie stärker mit Anwendungsaspekten zu verbinden. Auch wenn wir als Region nicht erfolgreich waren, hat der Prozess der Antragstellung dazu geführt, dass neue Firmen gegründet wurden, Investoren kamen und die Umsetzung von Erkenntnissen der Grundlagenforschung in Produkte und Verfahren mehr und mehr eine Rolle spielte. Diese Entwicklung prägt die Arbeit am Weinberg Campus immer noch.
Was wünschen Sie sich aus Sicht der Forschung und aus ganz persönlicher Perspektive für den Weinberg Campus?
Ich würde mir wünschen, dass die begonnene Entwicklung – der Weinberg Campus als innovative Schnittstelle zwischen Grundlagen- und angewandter Forschung – weitergeht, dass der Bund und das Land diese Entwicklung weiter fördern, nicht nur durch finanzielle Mittel, sondern auch durch Abbau von Bürokratie.
(Das Interview wurde im August 2019 geführt.)
Prof. Dr. Reinhard Paschke
Biozentrum der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Weinbergweg 22
06120 Halle (Saale)
Telefon: +49 (0) 345 55 21 60 0
E-Mail: paschke@biozentrum.uni-halle.de
Internet: www.biozentrum.uni-halle.de