Frank Biedermann
Leiter Entwicklung STRADIS Ingenieurgesellschaft mbH
Ich habe an der Technischen Universität Dresden Geodäsie studiert und kann auf 35 Jahre Berufserfahrung blicken. Seit 1999 bin ich mit meinem Unternehmen Mieter im TGZ Halle.
Sehen – Verstehen – Entscheiden, die STRADIS GmbH ist ein Ingenieur- und Technologieunternehmen mit dem Fokus auf Bild- und Datenerfassung an und auf Verkehrswegen. Unsere Bilderfassungssysteme werden bei der Deutschen Bahn AG, bei Nahverkehrsbetrieben oder zur Erfassung von Land- und Kreisstraßen sowie Autobahnen eingesetzt. Die georeferenzierten Bilder, verknüpft mit Sach- und Kartendaten, werden den Nutzenden im Intra- oder Internet zur Verfügung gestellt. So haben planende Personen oder der Betriebsdienst schnellste Informationen von der Örtlichkeit – frei nach dem Motto: Ein Bild sagt mehr als 1.000 Worte.
Welchen unternehmerischen bzw. gesellschaftlichen Impact hat Ihre Dienstleistung?
Die Erfassung eines Verkehrsweges ist nicht nur eine reine Bilddokumentation. Durch die Kopplung mit externer Sensorik wie Georadar und Ultraschall, zum Beispiel um den Zustand von Fahrbahn, Oberleitung oder Schiene zerstörungsfrei zu ermitteln, wird das Unterhaltungsmanagement sowie die Prognose und die Planung von Instandhaltungen und Reparaturen unterstützt. Neben der Einsparung von finanziellen Mitteln kann zusätzlich das Baustellenmanagement verbessert, die Stauzeiten verkürzt und somit die Umwelt geschont werden.
Hinsichtlich des gesellschaftlichen Impacts müssen unsere Entwicklungen nicht nur in den aufgeführten technischen Bereichen eingesetzt werden. Wir erkennen als Unternehmen auch eine zunehmende Wechselwirkung zwischen Technik, Medizin und Big Data. Als Beispiel hierfür möchte ich eines unserer Forschungsthemen in Zusammenarbeit mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Sportklinik Halle nennen. Hier beschäftigen wir uns mit der Entwicklung und Evaluation eines Diagnosesystems zur Beurteilung der Kniegelenkbelastbarkeit für die Wiederaufnahme der beruflichen und sportlichen Aktivität nach Operation des vorderen Kreuzbandes und Optimierung der Rehabilitation. Neuartig an diesem System ist die technische Umsetzung und Verknüpfung von kinematischen, dynamischen, elektromyographischen und videographischen Daten auf der Basis eines neu zu entwickelnden Tests. Dadurch soll der Zeitpunkt für den „return to work“ nach einer Kniegelenkverletzung genauer prognostiziert werden, um die Rerupturrate, also die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Risses, entscheidend zu senken. Für Big Data steht die Auswertung von über 2.000 behandelten Personen, die uns als STRADIS eine Datengrundlage geben.
Welche Vorteile bietet Ihnen der Standort Weinberg Campus? Was schätzen Sie am Weinberg Campus?
Der Weinberg Campus Halle lag bei seiner Gründung, salopp gesagt, geografisch gesehen eher am „Rand“ der Stadt. In den letzten Jahren ist aber viel um den Campus gewachsen, sei es der Stadtteil Halle-Süd, die Baugebiete an der Heide oder die Neubauten zum Klinikum Kröllwitz. Auch der Weinberg Campus selbst hat sich stetig erweitert. „Forschen, Arbeiten, Leben – Weinberg Campus“ ist daher keine Floskel.
Für die Geschäftsleute ist eine funktionierende Infrastruktur am Standort genauso wichtig wie der mögliche Kontakt zu innovativen Unternehmen im Umfeld. Kleine Unternehmen oder Startups erreichen nicht die Fertigungstiefe, um alles selbst machen zu können und sollten daher die Möglichkeiten des Wissensaustausches auf dem Campus nutzen. Auch wir suchen die Kooperation mit Firmen auf dem Weinberg Campus oder mit Firmen in Halle (Saale). Derzeit kooperieren wir mit der Firma SONOTEC Ultraschalltechnik Halle, um ein zerstörungsfreies Verfahren zur Diagnostik von Betonkrebs zu entwickeln. Das Verfahren wurde zum Patent angemeldete und soll unsere Bild- und Schadensdokumentation von Fahrbahnen ergänzen.
Was wünschen Sie sich aus Unternehmersicht und aus ganz persönlicher Perspektive für den Weinberg Campus?
Dem Weinberg Campus wünsche ich weiterhin ein quantitatives und qualitatives Wachstum. Quantität für die Bereitstellung von geeigneten Flächen für gründende Personen und Unternehmen sowie Qualität in den Forschungs- und Entwicklungsleistungen. Für die zukünftige Unternehmenskommunikation und zur eigenen Datenhaltung von Massendaten sehe ich die Möglichkeit einer Weinberg Cloud, die Teil des Angebotes der Infrastruktur sein sollte.
In 20 Jahren werden alle freien Flächen des Campus bzw. der Universität am Standort bebaut sein. Daher sollten diese restlichen Flächen sorgfältig an ihrem zukünftigen Zweck und den wissenschaftlich-technischen Inhalten ausgerichtet werden. Ich erwarte eine zunehmende Dynamik des technisch-wissenschaftlichen Fortschritts und die wachsende Notwendigkeit der Vernetzung von Mensch und Maschine.
Fällt Ihnen eine Begebenheit ein, die Sie mit dem Weinberg Campus verbinden?
Im August 2009 führte das TGZ Halle am Standort Blücherstraße 26, innerhalb einer Arbeitswoche eine Verkehrszählung durch. Zweck war die Erhebung von Verkehrsdaten für die Notwendigkeit der Planung und Umsetzung des Kreisels Heideallee-Weinbergweg zur Verbesserung der Infrastruktur vom Weinberg Campus. Es wurden in dieser Woche 6.296 Kraftfahrzeuge, 367 Fahrräder und 88 zu Fuß Gehende gezählt. Fast exakt neun Jahre später wurde endlich mit dem Ausbau begonnen und die Blücherstraße ist derzeit eine stark frequentierte Umleitungsstrecke mit bis zu 10.000 Fahrzeugen täglich.
(Das Interview wurde im August 2018 geführt.)
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