Eric Oliver Schmidt

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Student am Institut für Informatik
Landessieger Jugend forscht 2022

Eric Oliver Schmidt

Kannst du dich bitte kurz vorstellen?

Ich bin Eric Schmidt, bin 19 Jahre alt und studiere im zweiten Semester Informatik an der MLU. Seit dem letzten Wintersemester arbeite ich als studentische Hilfskraft in der Big Data Analytics Arbeitsgruppe. Kürzlich wurde ein Paper, welches ich gemeinsam mit Professor Matthias Hagen und Maik Fröbe verfasst habe, für die Web Intelligence Conference 2021 in Melbourne veröffentlicht. Beide sind auch seit der 10. Klasse meine Betreuer bei Jugend forscht.

Ich interessiere mich besonders für die Naturwissenschaften und auch sonst bin ich sehr vielseitig interessiert. Ich war auf dem Georg-Cantor-Gymnasium in Halle. Das ist ein Gymnasium mit einem mathematisch-naturwissenschaftlichen Schwerpunkt. Im Abitur habe ich die Leistungskurse Mathematik, Informatik und Physik belegt. In meiner Freizeit lese ich sehr gerne, fahre aktuell sehr gerne Rad, habe bis zum letzten Sommer Fußball gespielt beim HTB und in meiner Freizeit spiele ich Klavier.

Was hast du nach dem Studium vor? Gibt es schon Pläne? 

Nach dem Bachelorstudium möchte ich gern noch den Master im Informatikstudium abschließen. Für das Leben nach dem Studium bin ich sehr offen und ich habe, glaube ich, viele Möglichkeiten, von Wissenschaft und Forschung bis hin zur Wirtschaft. Deswegen habe ich mir als Studienfach auch Informatik ausgesucht, da ich denke, dass es sehr vielseitig ist und Anwendungsfächer mit Naturwissenschaften verbindet.

Jemand mit deinem Background und deiner naturwissenschaftlichen Spezialisierung wäre auch prädestiniert für eine Unternehmensgründung. Gibt es in dieser Richtung Ambitionen bzw. könntest du dir vorstellen, Unternehmer zu sein?

Generell kann ich mir aktuell sehr viele Sachen vorstellen und eine Unternehmensgründung ist durchaus auch eine davon. Wenn ich eine Idee habe, wie auch die zu meinem aktuellen Projekt oder zum Projekt, dass ich davor drei Jahre lang bearbeitet habe, dann brenne ich dafür, bin sehr engagiert und es macht mir sehr viel Spaß, daran zu arbeiten. Ich bin auch sehr ehrgeizig und deshalb denke ich, würde ich die grundlegenden Voraussetzungen auch dafür mitbringen.

Was denkst du, was weitere Herausforderungen eines Unternehmers wären? Was meinst du, an welchen Dingen du vielleicht für dich noch arbeiten müsstest?

Der Einstieg wäre sicher am schwersten. Was muss ich alles beachten? Wie kann ich überhaupt gründen usw.? Weiterhin müsste man sicher sehr ausdauernd und beharrlich sein, sich von Rückschlägen nicht niederschlagen lassen, sondern nach Lösungen suchen.

Du hast eben bereits deine Jugend-forscht-Projekte angesprochen. Beschreibe bitte dein aktuelles Projekt, mit dem du Landessieger geworden bist und auch zum Bundeswettbewerb delegiert wurdest. 

In meiner aktuellen Arbeit beschäftige ich mich mit falschen Erinnerungen. Mein Ziel ist es, in Suchanfragen falsche Erinnerungen zu erkennen und ersetzen zu können. Das heißt, wenn ich eine Suchanfrage stelle, die eine falsche Erinnerung beinhaltet, und mit der ich dann keine treffenden Suchergebnisse finde, wird diese korrigiert, sodass ich dann Suchergebnisse finde, die für mich relevant sind. Um das zu erreichen brauche ich Daten. Diese gibt es an sich nicht für Suchanfragen, denn zum Glück werden Suchanfragen nicht – zumindest nicht öffentlich zugänglich – gespeichert, sodass ich diese nicht als Datengrundlage nutzen kann. Dafür gibt es Frage-Antwort-Foren, die nicht die Struktur von Suchanfragen haben, aber deren Daten ich verwenden kann. Aktuell nutze ich z. B. Yahoo!-Answers. Ich habe Regeln entworfen, mit denen ich falsche Erinnerungen aus dem Frage-Antwort-Korpus extrahieren und diese gewonnenen Daten analysieren kann.

Außerdem simuliere ich falsche Erinnerungen anhand von Wikidata. Das kann man sich so vorstellen, dass z. B. ein Schauspieler in Wikidata Eigenschaften hat. Wenn eine Person viele möglichst spezifische Eigenschaften mit der ursprünglichen Person gemeinsam hat, erhoffe ich mir, dass sie eine gute simulierte falsche Erinnerung ist.

Anhand dieser beiden Verfahren möchte ich erreichen, dass falsche Erinnerungen ersetzt werden können.

Kannst du dazu ein einfaches Beispiel nennen?

Stellen wir uns vor, wir haben vor 10 Jahren einen sehr guten Film gesehen, den wir jetzt noch einmal sehen möchten. Es war ein Kriminalfilm aus den 90er-Jahren, in dem ein kleiner Junge entführt wurde und der Hauptdarsteller ist Bruce Willis. Den Titel wissen wir allerdings nicht mehr. Deswegen suchen wir mit unserer Lieblingssuchmaschine danach. Man findet anhand dieser Informationen tatsächlich einen Film mit Bruce Willis, der Hostage heißt und aus dem Jahr 2005 ist. Jedoch ist es nicht der Film, den wir gesucht haben, da Bruce Willis die falsche Erinnerung in der Suchanfrage darstellt. Würden wir Bruce Willis gegen Kevin Costner ersetzen, was der reale Schauspieler ist, dann würden wir den Film, den wir tatsächlich suchen, Perfect World von 1993, finden.

Und das kann Google nicht?

Am genannten Beispiel funktioniert das z. B. nicht. Da findet man tatsächlich eine Liste von Geiselfilmen oder eben den Film Hostage mit Bruce Willis. Dazu habe ich auch Experimente durchgeführt. Nicht anhand von Google, sondern anhand anderer Suchalgorithmen. Dabei war bei den untersuchten falschen Erinnerungen das korrekte Dokument, das wir gesucht hätten, im Durchschnitt ungefähr auf Position 20. Nun ist es so, dass Studien sagen, dass 93 Prozent aller Google-Nutzer nicht einmal bis zum Ende der ersten Suchergebnisseite schauen, also bis zu den ersten zehn Ergebnissen und deshalb die Position 20 erst recht nicht finden. Ersetzt man nun in diesen Suchanfragen die falsche Erinnerung durch die korrekte Entität, dann wird das gesuchte Dokument ungefähr auf Position zwei bis drei gefunden.

Eigentlich müsste Google doch sehr interessiert daran sein, mit dir zu kooperieren. Hast Du da schon mal Kontakt aufgenommen? 

Ich habe noch keinen Kontakt aufgenommen. Sollte ich?

Vielleicht nehmen Sie bald Kontakt mit dir auf. Du hast dein Projekt bei Jugend forscht eingereicht und bist zum Bundeswettbewerb delegiert wurden. Wie haben denn die Juroren auf deine Idee reagiert?

Ein Juror hatte kürzlich erst eine Erinnerung an ein Videospiel aus seiner Kindheit, bei der er den Titel verwechselt hat. Ich glaube, er wirkte recht angetan, da er gerade erst die Erfahrung gemacht hat, wie es ist, etwas zu suchen, von dem man weiß, was man sucht, aber es nicht ausdrücken kann oder sich falsch erinnert. Solche Suchen sind oft frustrierend. Man sagt ja auch manchmal „Es liegt mir auf der Zunge“. Ich glaube, die Jury war von der Idee recht überzeugt.

Wenn es nicht Google ist, wie könntest du dir eine Weiterentwicklung deiner Idee vorstellen? Arbeitest du weiter an der Umsetzung deiner Idee?

Ich werde auf jeden Fall weiter daran arbeiten. Das Projekt ist noch nicht ganz fertig, deswegen möchte ich weitermachen. Wenn es jetzt nicht Google ist, dann kann ich mir z. B. ein Add-on im Browser, das man installiert, gut vorstellen. Ähnlich wie Suchvorschläge von Google, wenn man sich vertippt hat – „Meinten Sie Kevin Costner statt Bruce Willis?“ bei einer falschen Erinnerung in der Suchanfrage.

Der diesjährige und der letztjährige Landeswettbewerb sind digital durchgeführt wurden. Wie war dein Eindruck zur Durchführung auch im Vergleich zu den vorherigen Jahren in Präsenz? Erzähl gern auch deine Geschichte bei Jugend forscht. Du hast ja nicht nur einmal teilgenommen. Wie lange machst du das schon und was ist deine Motivation?

In der sechsten Klasse habe ich das erste Mal an Jugend forscht teilgenommen. Damals hat mich meine Mathelehrerin dazu motiviert. Danach habe ich jedes Jahr wieder teilgenommen. Auch die Zusammenarbeit mit meinen Betreuern, Herrn Professor Matthias Hagen und Herrn Maik Fröbe, macht mir viel Spaß und motiviert mich. Dafür danke ich ihnen. Jetzt ist mein letztes Mal, dass ich teilnehmen darf. Dabei war ich in acht Regionalwettbewerben, dreimal habe ich einen zweiten Platz bekommen und fünf Mal bin ich mit dem ersten Platz der Regionalrunde in die Landesrunde gelangt. In der Landesrunde hatte ich dann zwei zweite Preise, einen dritten Preis und dieses Jahr ist mir dann im letzten Versuch nun noch mein großer Traum vom Bundesfinale gelungen. Insgesamt konnte ich wettbewerbsübergreifend sogar 11 Sonderpreise gewinnen. Es macht mir jedes Jahr Spaß, dabei mitzumachen. Wenn ich eine Idee bzw. ein Projekt habe, macht es mir sehr viel Freude, daran zu arbeiten und auch Probleme zu lösen. Das Juryfeedback ist sehr wertvoll, da man von einer Fachjury direkt Rückmeldung dazu erhält, was man noch verbessern kann.

Es ist toll, dass Jugend forscht trotz der Corona-Pandemie stattfinden konnte. Ich erinnere mich noch an das Jahr, in dem die Pandemie gerade begann. Da konnte es leider nicht stattfinden. Die digitalen Wettbewerbe wurden gut umgesetzt und es hat auch technisch alles super funktioniert. Die Prämierungsveranstaltung war auch sehr professionell vom MDR betreut. Dieses Jahr hatte ich den Eindruck, dass auch das Feedback vom letzten Jahr sehr gut umgesetzt wurde. Z. B. habe ich mir sehr gewünscht, dass man sich mit anderen Teilnehmern austauschen kann, obwohl man sich nicht in einem Raum von Angesicht zu Angesicht unterhalten kann. Das wurde dieses Jahr sehr gut gelöst. Trotzdem ist ein Wettbewerb, wenn er in Präsenz stattfindet, noch einmal etwas ganz anderes. Das fängt bereits mit dem Gefühl an, wenn man den Raum betritt und dann seinen Stand aufbaut. Das Wettbewerbsgefühl ist dann eben noch viel intensiver.

Wie sind Deine Erwartungen für den Bundeswettbewerb? Was rechnest du dir aus und was wünscht du dir?

Erstmal freue ich mich sehr, daran teilnehmen zu dürfen und ich werde natürlich mein Bestes geben. Mir ist auch bewusst, dass die Konkurrenz sicher sehr stark sein wird. Ich werde die Tage auf jeden Fall sehr genießen. Wenn ein Preis dabei ist, ist es sehr, sehr schön. 

Hat dir deine Teilnahme an Jugend forscht bislang geholfen, z. B. bei einer Bewerbung oder war die Teilnahme im Hinblick auf deinen weiteren Weg mal förderlich?

Neben Jugend forscht habe ich auch an vielen anderen Wettbewerben weltweit teilgenommen, z. B. an der Mathe-Olympiade, der internationalen Physik-Olympiade, sogar bei Chemie- und Biologie-Olympiaden und auch beim europäischen CanSat-Wettbewerb der ESA in Bologna 2019 war ich dabei. Unser Team hat sogar den Preis für das beste Projekt gewonnen. Das wurde dann von unserer Schule in ein MINT-EC-Zertifikat zusammengefasst. Für die Bewerbung an der Uni war das nicht relevant. Aber ich habe jetzt das Deutschlandstipendium bekommen. Da habe ich das alles angegeben und ich denke, es war dabei auch sehr ausschlaggebend. 

Hast du eine schöne Geschichte, die du mit dem Campus hier verbindest?

Dazu fallen mir besonders zwei Sachen ein. Einmal Scidea-Stage, woran ich teilgenommen habe. Da durfte ich mit anderen Projekten auch vor einer Jury mein Projekt pitchen. Im Vorhinaus waren hier in dem Gebäude sowie auch an der Saale Workshops zur Vorbereitung. Daraus habe ich sehr viel mitgenommen.

Weiterhin habe ich mit einem Schulfreund am Digital Talents Accelerator (DTA) teilgenommen. Wir haben gemeinsam an einer progressiven Web-App gearbeitet. Damals fanden auch Workshops, zuerst in Präsenz und dann wegen der Pandemie zu Hause virtuell, statt. Dabei haben wir viel gelernt, auch dazu, was alles für Gründer relevant ist, also Finanzen, Buchhaltung, Planung und der technische Aspekt zur Umsetzung. Das hat auch sehr viel Spaß gemacht.

(Das Interview fand am 4. Mai 2022 statt.)

Ina Müller

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