Dr. Marcel Neubert und Udo Reichmann
NorcSi GmbH
Herr Reichmann und Herr Dr. Neubert, können Sie sich und Ihr Unternehmen, die NorcSi GmbH, bitte kurz vorstellen!
Udo Reichmann: Mein Name ist Udo Reichmann. Ich bin seit 23 Jahren selbstständig, habe angefangen mit einer Firma für Sonderanlagenbau und bin dort gemeinsam mit Dr. Neubert, der hier neben mir sitzt, auf die besondere Technologie der „Blitzlampe“ gestoßen. Wir haben diese Technologie optimiert und sind dabei, damit die Energiespeicherung in Batterien voranzutreiben. In diesem Kontext ist die Firma NorcSi entstanden. Im Zentrum unserer Arbeit stehen Batterieanoden, als essenzieller Bestandteil von Batterien, in dem die Energie eingelagert wird. Mit Unterstützung der Bergakademie Freiberg und des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf haben wir ein Patent gekauft, sind jetzt dabei, das Produkt zu verbessern und es zur Marktreife zu bringen.
Dr. Marcel Neubert: Mein Name ist Marcel Neubert. Ich bin Physiker und als solcher generell der angewandten Forschung zugeneigt. Ich habe zunächst auch im Anlagenbau gearbeitet und bin dabei viel im Ausland gewesen, in Taiwan, den USA und Japan. Nach zweieinhalb Jahren habe ich mich entschieden, noch eine Promotion am Helmholtz-Zentrum in Dresden-Rossendorf zu absolvieren. Anschließend bin ich wieder in die Industrie zurück. Thematisch beschäftige ich mich hauptsächlich im Bereich Sonderanlagenbau mit dünnen Schichten bzw. Oberflächenveredelung. Ein besonderes Steckenpferd, weil ich dort sehr viel Potenzial für die Zukunft sehe, ist die schon erwähnte Blitzlampen-Technologie, die wir dann gemeinsam so weit entwickelt haben, dass wir mit unseren Anlagen Produkte im Industriemaßstab anbieten können.
Können Sie bitte die Blitzlampen-Technologie etwas genauer erklären!
Dr. Marcel Neubert: Bei der Blitzlampen-Technologie handelt es sich eigentlich um ein recht altes Prinzip aus den 1970er Jahren. Es geht um eine Lampe, die mit Xenon-Gas gefüllt ist. Dazu benötigt man einen Kondensator. Der Kondensator wird in einer Zeit von etwa einer tausendstel Sekunde entladen. Dabei fließt durch die Lampe ein Strom von einigen Kilo-Ampere. Dieser kurze, intensive Strom erzeugt eine hohe Lichtintensität in dem Xenon-Plasma. Das wiederum wird genutzt, um Oberflächen zu erhitzen. Das emittierte Licht wird in einer Oberfläche absorbiert, welche sich aufheizt und nach der tausendstel Sekunde auch wieder erkaltet. Man kann das mit dem „Abschrecken“ von Metallen vergleichen, bei dem bestimmte Zustände eingefroren werden. In diesem kurzen Prozess entstehen Zustände, die in der Natur so nicht vorkommen. Wir nutzen genau diese Prozesse für unsere Batterietechnologie. Und das ist unser Alleinstellungsmerkmal, weil wir mit unseren Silizium-Anoden in diesem Zusammenhang einen komplett neuen Ansatz verfolgen.
Und wie wird Ihre Technologie nun die Zukunft verändern?
Dr. Marcel Neubert: Der Bedarf an neuartigen Speichertechnologien im Zuge der Energiewende und des Aufkommens der E-Mobilität ist gigantisch. Das Maß aller Dinge ist heute die Lithium-Ionen-Batterie, die für die meisten Anwendungen genutzt wird. Die Lithium-Ionen-Batterie ist in ihrer jetzigen Form schon seit ungefähr 30 Jahren kommerziell im Einsatz. Es gab in dieser Zeit permanente technische Verbesserungen, sodass man sagen kann, die Technologie ist unter Einsatz der gegenwärtigen Materialien kaum noch zu verbessern. Also müssen wir darüber nachdenken, wie man die Kapazität der Batterien unter Verwendeung neuer Materialien steigern kann.
Die entscheidende Komponente in unseren Überlegungen ist die Anode. Hier werden die Lithium-Ionen beim Laden eingelagert, und davon hängt am Ende die Speicherkapazität der Batterie ab. Die Anoden werden gegenwärtig aus Grafit gefertigt. Vereinfacht ausgedrückt, wollen wir statt Grafit Silizium verwenden, was eine 10- bis 13-fach höhere Kapazität für die Einlagerung der Ionen vorweist. Allein die Verdopplung der Kapazität herkömmlicher Batterien, wie wir sie uns versprechen, wäre ein riesengroßer Sprung. Es ist allerdings bis heute nicht gelungen, kosteneffizient diese besonderen Strukturen herzustellen. Silizium, was man in Form einer dünnen Schicht aufbringen kann, würde nach ein bis zwei Ladezyklen nicht mehr funktionieren. Das heißt, man muss besondere Strukturen generieren. Das ist die Herausforderung.
Udo Reichmann: Neben der Kapazität ist die Verfügbarkeit ein weiterer großer Pluspunkt für das Silizium. Lithium ist ein Rohstoff, dessen Verfügbarkeit angesichts des riesigen Bedarfes in den nächsten Jahren kritisch werden kann. Bei Silizium ist das dagegen nicht der Fall. In Feststoffbatterien könnte man Silizium genauso als Anode einsetzen. Es wäre also nicht nur eine Brückentechnologie, sondern das kann eine echte Zukunftstechnologie sein.
Und wie sind Sie als sächsische Unternehmer und Wissenschaftler nach Sachsen-Anhalt auf den Technologiepark Weinberg Campus gekommen?
Udo Reichmann: Zunächst hatten wir, wie schon erwähnt, das Patent gekauft und haben dann in unserer bestehenden Firma angefangen, notwendige Anlagentechnik anzuschaffen. Nach den ersten Gehversuchen haben wir schnell gemerkt, dass die Sache einer größeren Aufmerksamkeit bedarf und haben dann mit der NorcSi eine eigene Firma ausgegründet.
Um der Sache den richtigen Schwung zu geben, sind wir auf die Suche nach einem Investor gegangen. Wir haben uns mit verschiedenen Leuten unterhalten. Ein langjähriger Geschäftspartner und auch mittlerweile guter Freund Jan-Philipp Mai aus Braunschweig hatte Kontakte zur bmp ventures AG und hat uns so mit denen zusammengebracht. Oliver Borrmann und David Stuck von bmp hatten in unseren Augen die Weitsicht zu sagen: „Das ist vielversprechend, da kann nachhaltig ein interessantes Produkt entstehen.“ So hat uns bmp mit ihrer Finanzierung die Möglichkeit gegeben, unsere Firma in Sachsen-Anhalt anzusiedeln.
Welche Vorteile bietet Ihnen der Standort Weinberg Campus?
Udo Reichmann: Nach der Finanzierungsentscheidung war schnell klar, dass der Technologiepark Weinberg Campus genau der richtige Ort für uns ist. Den Geschäftsführer, Herrn Dr. Schmieder, haben wir schon sehr früh während der Finanzierungsgespräche kennengelernt, aber dazu später noch mehr. Auf jeden Fall hatten wir gleich einen guten Draht zueinander. Vom Team des Technologieparks werden wir auf der ganzen Linie unterstützt. Das geht los mit der intensiven fachlichen Betreuung durch das Accelerator-Team mit Frau Dr. Lindemeyer, über die Einbindung in das hiesige Forschungs- und Unternehmens-Netzwerk, beispielsweise zur Universität, bis hin zu ganz praktischer Unterstützung bei Infrastrukturdingen, wie unserer Klimaanlage, durch den Technischen Leiter Herrn Harm und sein Team. Mit dieser Unterstützung und den schnellen Reaktionszeiten sind wir sehr zufrieden und froh, dass wir den Weg hierher gegangen sind.
Außerdem haben wir auch ein sehr gutes, engagiertes Mitarbeiter-Team hier vor Ort gefunden. Es macht Spaß, gemeinsam an neuen Dingen zu tüfteln. Wir sind auch diesbezüglich absolut zufrieden.
Können Sie bitte noch etwas näher auf die Kooperation mit dem hiesigen Interdisziplinären Zentrum für Materialwissenschaften der Martin-Luther-Universität eingehen!
Dr. Marcel Neubert: Da ich den direkten Vergleich zum Forschungsumfeld in Dresden habe, kann ich sagen, dass es hier genauso perfekt mit der Kooperation läuft, wie in Dresden. Wir fühlen uns schon fast als Teil der Universität (lacht). Man muss dazu sagen, dass das Thema der Blitzlampen-Technologie für Herrn Dr. Leipner und sein Team vom Zentrum für Materialwissenschaften auch nicht ganz uninteressant war. Deshalb war der Zugang vielleicht auch noch ein bisschen einfacher. Von der Antragstellung bis zur konkreten Zusammenarbeit läuft das hier absolut Hand in Hand. Sowohl die Expertise von Herrn Dr. Leipner und seinen Mitarbeiterinnen als auch die Nutzung der technischen Infrastruktur für die Analytik, ist sehr wertvoll für uns. Das ist qualitativ vom Feinsten.
Was wünschen Sie sich aus Unternehmersicht und aus ganz persönlicher Perspektive für den Weinberg Campus?
Udo Reichmann: Ich sage es mal so: Wenn das Engagement des Technologiepark-Teams so hoch bleibt, wäre das wirklich super. Dann wird hier ganz viel entstehen. Das derzeitige Niveau zu halten, ist schon eine Herausforderung. Ganz praktisch gibt es eine Sache, die ich mir wünschen würde: Eine für uns Mieter zugängliche Dusche, die man nutzen kann, wenn man zwischendurch mal joggen gehen will. Aber der Rest ist wirklich klasse.
Fällt Ihnen eine Begebenheit ein, die Sie mit dem Weinberg Campus verbindet?
Udo Reichmann: Ja, die Begebenheit, bei der wir Herrn Dr. Schmieder, den Geschäftsführer, kennengelernt haben. Herr Dr. Neubert und ich standen in Erwartung des entscheidenden Finanzierungsgespräches in Magdeburg vor der bmp-Zentrale. Herr Dr. Schmieder, den wir noch nicht kannten, kam schick mit seinem Anzug vorbei. Wir waren ein bisschen aufgeregt. Er hat uns zugenickt, wir haben ihm zugenickt und irgendwie wussten wir, dass wir irgendwann mal etwas zusammen machen. Das war zwar nur so ein Gefühl, aber es war sehr amüsant, weil es unserer guten Kooperation hier vorgegriffen hat.
(Das Interview wurde im August 2021 geführt.)
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