Andreas Bügers
Geschäftsführer PROLOGA GmbH
Herr Bügers, können Sie sich bitte vorstellen!
Ich bin 1966 geboren, habe vier Kinder, bin glücklich verheiratet und fühle mich hier in Halle sehr wohl. Es könnte sein, dass ich der Einzige in dieser Stadt bin, der sowohl Haller als auch Hallenser ist, da ich in Halle (Westfalen) geboren bin. Ich habe Mathematik studiert, habe dann als Berater angefangen und bin seit 1993 als Unternehmensberater tätig. Ich war bei verschiedenen Unternehmen, war sechs Jahre in den USA, war auch bei einer größeren Strategieberatung. Dabei habe mich im Wesentlichen mit SAP-Themen beschäftigt und tue das nach wie vor. Für mich war die Entscheidung für Halle und die PROLOGA tatsächlich eine gute Entscheidung. Ich möchte mein Arbeitsleben in einer Rolle zu Ende bringen, in der ich etwas bewegen kann und das ist jetzt als Geschäftsführer. Und ich führe die PROLOGA entsprechend. Nach bestem Wissen und Gewissen.
Was macht die PROLOGA, welche Dienstleistungen bietet sie an?
Zunächst einmal sind wir ein Softwareentwicklungshaus, aber auch ein IT-Beratungshaus. Wir bauen Lösungen für die Abfallwirtschaft und die Energiewirtschaft. Wir haben zwei Standorte, einen in Halle, einen in Oldenburg, mit zusammen etwa 100 Mitarbeitern. Unsere Lösungen basieren technologisch auf SAP-Lösungen, die wir für die Industrien anpassen. Das heißt, dort verkaufen wir mit unserem großen Partner SAP gemeinsam Lizenzen der Lösungen, die wir erstellen, und bieten Beratungsleistungen an.
Sind PROLOGA-Lösungen auch hier in Halle im Einsatz?
Ja, wir haben verschiedene Kundengruppen. Das eine sind kommunale Kunden, darunter einige große deutsche Städte wie Berlin, Bremen, Rostock, Frankfurt, Wuppertal und auch Halle, die größere Teile unserer Software einsetzen. Der zweite Kundenkreis sind gewerbliche Entsorgungsunternehmen; da gibt es sehr große internationale Konzerne und es gibt kleinere mittelständische Unternehmen. Wir haben auch Kunden im Ausland. In den Vereinigten Arabischen Emiraten sitzt die Firma Bee‘ah, dies ist eine Kundin von uns. Wir sind sogar in Australien mit unseren Lösungen vertreten, in Brasilien in mehreren Institutionen – also wir sind durchaus global aktiv.
Wie lange ist die PROLOGA schon auf dem Weinberg Campus vertreten?
Das werden jetzt 20 Jahre. Wir feiern in diesem Jahr unser 20-jähriges Firmenjubiläum und sind auch seitdem in Halle.
Eine etwas sperrige Frage – die Frage nach dem unternehmerischen gesellschaftlichen Impact. Können Sie dazu etwas sagen?
Das kann ich sehr gut beantworten. Das ist tatsächlich keine sperrige Frage, weil wir über diese Aspekte häufig nachdenken. Zum einen hoffen wir einen Beitrag zu leisten für die Stadt Halle, weil wir ein Unternehmen sind aus einer sehr innovativen Industrie, der Softwareindustrie, die man zunächst mal in Städten wie München oder Frankfurt oder sonst wo vermuten würde, sind aber tatsächlich hier in Halle angesiedelt und das auch bewusst und gern. Außerdem hoffen wir generell einen relevanten gesellschaftlichen Beitrag mit unserer Arbeit zu leisten. Mal ganz einfach gesprochen: Unsere Kunden machen den Müll weg. Müll ist ein Thema, Abfälle sind ein Thema, das gerade riesig diskutiert wird. Es gibt große Mengen an Plastikabfällen, die sich im Pazifik und Atlantik bewegen. Das zu verhindern, gilt es als weltweite Gesellschaft zu leisten und im Grunde leisten wir einen Beitrag genau zu diesem Thema. Das ist für uns und unsere Mitarbeiter wichtig.
Wie schätzen Sie das Umfeld für Ihre Branche am Standort Halle ein? Ist Halle gut vertreten im Bereich der IT-Wirtschaft bzw. gibt es funktionierende Netzwerke? Wie nehmen Sie das wahr?
Da sehe ich Halle tatsächlich etwas zweischneidig. Auf der einen Seite sehe ich, es gibt hier eine Informatik-Fakultät, ich sehe Wirtschaftsinformatik in der Nähe in Merseburg. Wir haben auch Kontakte zu den Universitäten. Ich sehe ein Fraunhofer-Institut hier und das ist interessant, denn die haben gerade ein Projekt ausgelobt. „Waste for Future“ heißt das und wir suchen gerade gemeinsame Berührungspunkte. Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite ist Halle als Standort nicht ganz einfach. Ich darf das als alter Bielefelder sagen. Man kommt von dort, aber man geht dort nicht hin. Halle hat eine ähnliche Struktur und funktioniert so ähnlich. Wir finden viele Leute, aber wir suchen unsere Mitarbeiter so, dass sie aus der Region kommen und bei uns bleiben wollen, in der Region verwurzelt sind. Das ist nicht immer trivial. Gerade im Softwareumfeld ist der Bedarf enorm. Da gibt es Arbeitgeber mit einer hohen Attraktivität, einer hohen Bekanntheit. Besser ist es dann meistens nicht als bei uns, aber es gibt eben ein hohes Maß an Attraktivität, gegen das wir nicht ankommen. Das ist tatsächlich so und deshalb in punkto Fachkräfte-Rekrutierung eben nicht ganz einfach.
Welche Vorteile sehen noch Sie hier am Standort allgemein? Was schätzen Sie am Weinberg Campus?
Das ist vor allem die Wahrnehmung und die Attraktivität des Standortes. Wahrnehmung ist für uns ein Thema. Wir sind ein kleines Unternehmen, machen etwas sehr Spezielles. Der Markt, in dem wir uns bewegen, ist ein Nischenmarkt. Das hat Vor- und Nachteile. Der Vorteil ist aus wirtschaftlicher Sicht, wir haben wenig Wettbewerb, wir sind hoch spezialisiert, das ist sehr gut. Auf der anderen Seite haben wir es als kleineres Unternehmen schwerer mit der Bekanntheit und da leistet der Weinberg Campus tatsächlich etwas für uns. Wir nehmen gern in Anspruch, dass die Informatik hier auf dem Campus angesiedelt ist. Wir führen Gespräche, versuchen Mitarbeiter auf dem Weg zu finden und staunen immer wieder, dass die uns gar nicht kennen, obwohl wir quasi in der Nachbarschaft sind. Aber da sehen Sie, dass das Thema Wahrnehmung für uns ein sehr wichtiges ist, und das ist das, was der Campus für uns leistet.
Was wünschen Sie sich aus Unternehmersicht und persönlicher Sicht für den Campus? Was soll hier passieren, was kann Sie noch mehr unterstützen?
Motiviert weniger aus unternehmerischer als viel mehr aus einer sehr persönlichen Sicht: Ich bin aufgewachsen in einer Umgebung, in der Nachbarschaft etwas sehr Wichtiges war. Alle haben zusammengehalten, es wurden Dinge nicht mehrfach beschafft. Einer hatte einen Häcksler und man lieh ihn sich aus. Das erfordert Vertrauen und Zusammenhalt und das ist genau das, was ich mir wünschen würde; denn das ist etwas Wichtiges. Wir haben es im Winter schon gespürt. Als im Winter Schneechaos war, haben wir uns Hilfe erbeten auf dem Campus und tatsächlich war unser Parkplatz auf einmal freigeräumt. Es gab große Hilfe und das war gut.
Das ist schon eine kleine Begebenheit, die mit dem Campus zusammenhängt und sehr positiv ist. Aber vielleicht haben Sie noch eine.
Nachbarschaft ist das Thema. Was man dazu braucht, ist Vertrauen, aber auch das Wissen um die Fähigkeiten des anderen, über das, was der andere gut kann und wo er helfen kann. Ich glaube, das zu fördern und herauszustellen, das ist wichtig. Auch wenn unser praktischer Beitrag vielfach wahrscheinlich nicht so groß ist, so sehe ich doch gerade in der Anknüpfung zum Fraunhofer-Institut für uns eine Chance, dieses Nachbarschaftliche zu pflegen. Einfach herüberzulaufen, ist ein Wahnsinnsvorteil. Es könnte sonst wo in Deutschland sein, ist einfach ein Riesenzufall und sollte gezielt stattfinden.
Eine Sache fasziniert mich nach wie vor. Als ich vor zwei Jahren nach Halle kam, hat mich irgendjemand mit auf einen Spaziergang genommen und wir sind einmal durch die Nachbarschaft gegangen. Es gibt da oben diese alte Kirche. Ich bin sehr gespannt, was daraus einmal wird. Gerade geht mit mir die Fantasie durch. Es ist ein faszinierendes Gebäude und jemand hat mir von der Historie erzählt. Darin wurde sogar einmal Basketball gespielt, Sport gemacht. Spannendes Ding, es fasziniert mich.
Ursprünglich wurde das Gebäude im Zuge der Errichtung der Landesheilanstalt im 19. Jahrhundert gebaut und während der Zeit der Garnison der Sowjetarmee bis 1991 als Sporthalle „umgedeutet“. Es ist aktuell in Privathand. Sollten wir die Chance bekommen, es zu entwickeln, wären wir sehr an einer partizipativen Lösung mit unseren Anliegern sehr interessiert. Wir stellen uns die Kirche als kulturelles, kommunikatives Zentrum für diesen Teil des Campus vor.
Sie haben gerade wieder einen Anreiz gegeben. Was mir spontan durch den Kopf geht, ist es, Meetingräume zu schaffen. Ich habe so etwas einmal gesehen – es war eine Art Tagungszentrum mit Stellwänden, die große und kleine Räume entstehen lassen. Das fand ich sehr angenehm, sehr nutzbar. Das Gebäude gibt es definitiv her. Eine ehemalige Kirche hat zunächst etwas Faszinierendes und dann fängt man an zu überlegen, wie könnte man sie nutzen. … Spannendes Thema!
(Das Interview wurde am 23. Juli 2021 geführt.)
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